Fraenkel, Julius Albert, Mediziner

*3.06.1864, Mußbach, isr., ab 10.05.1896 ev., + 22.12.1938, Heidelberg.

 

V Jakob F. ( 1836-1905), Weinkommissionär; M Emilia (Emma), geb. Deutsch (1838-1880); G Adolph (1861-1863), Halbbruder Wilhelm Emil F. (1880-1952).

∞ 22.10.1896 in Oldenburg Erna Bertha Mathilde Thorade (1873-1968); K 2: Annemarie (1897-1967), Dr., Sozialarbeiterin; Liselotte (1902-1992), verw. Kister, verh. Anschütz, Lehrerin.

 

1883 VIII                                   Abitur am Gymnasium zu Landau (Pfalz)

1883-1888                                Studium Medizin in München (WS 1883/84 - WS 1884/85) u. Straßburg

1889                                        Volontärassistent an d. Frauenklinik München. Tuberkuloseerkrankung

1889-1890                                Aufenthalt in Zürich u. Berlin

1890-1914                                Landarzt in Badenweiler (Schwarzwald)

1894 II                                      Algerienreise

1893-1904                                Während der Wintersemester Forschungsarbeit im Pharmakologischen Institut d. Univ. Heidelberg

1905 XI-XII                                Versuche d. intravenösen Strophanthininjektionen bei Herzkranken Patienten in d. Universitätsklinik Straßburg

1906 III                                     Vortrag in d. Mannheimer Firma Boehringer&Söhne über intravenöse Strophanthintherapie. Anfang d. mehrjährigen Zusammenarbeit mit d. Firma.

1914 III                                     Prädikat Professor verliehen durch das Preußische Ministerium

1914-1918                                Ärztliche Dienste für Militär; EK II Kl. (1915), Kriegsverdienstkreuz (1916) u.a.

1920                                        Umsiedlung nach Heidelberg. Beratender Arzt am Tuberkulosekrankenhaus Rohrbach.

1927 VIII                                   Ärztlicher Direktor d. neugegründeten Krankenanstalt Speyerhof.

1928 III                                     o. Honorarprofessor an d. Univ. Heidelberg

1928 V                                     Gründung d. ?Krankenhaus Rohrbach GmbH? mit F. als ärztlichem Direktor.

1933 IV                                    Entlassung aus d. Universität

1933 VI                                    Entlassung aus dem Tuberkulosekrankenhaus Rohrbach u. aus d. Krankenanstalt Speyerhof.

 

F. wuchs als Einzelkind einer alteingesessenen jüdischen

 

Familie aus der Pfalz auf. Im kleinen Ort Mußbach geboren,

 

besuchte er die Lateinschule im nahegelegen Neustadt. Da

 

Neustadt damals  noch kein Gymnasium hatte, wechselte F.

 

ins Gymnasium zu Landau. Bereits damals hatte er, so er

 

selbst "den unwiderstehlichen Drang, Arzt zu werden"

 

(Drings u.a., 2004, S. 23). Nach dem Abitur im Juli/ August

 

1883 begann F. sein medizinisches Studium in München, wo

 

ihn besonders der Zoologe Richard Hertwig (1850-1937) und

 

der Physiologe Carl Voit (1831-1908) beeindruckten. Zum

 

Ende des WS 1885 bestand F. sein Physikum und leistete

 

danach die erste Hälfte seines Militärdienstes bei der

 

bayerischen Feldartillerie in Würzburg (die Pfalz gehörte

 

damals zu Bayern). Nun folgten die klinischen Semester in

 

Straßburg, insbesondere unter dem Internisten Adolf

 

Kußmaul (1822-1902) und dem Pathologen Friedrich v.

 

Recklinghausen (1833-1910). Als Student immatrikulierte

 

sich F. in Straßburg für nur drei Semester  -  vom SS 1886

 

bis zum SS 1887. Sein medizinisches Staatsexamen

 

bestand F. im Sommer 1888. Anschließend erfüllte er

 

die zweite Hälfte seiner Militärpflicht, diesmal in Bayreuth.

 

1889 trat F. als Volontär in die Frauenklinik München ein.

 

Mitten in diese hoffnungsvollste Zeit des angehenden Arztes

 

fiel ein schwerer Schicksalsschlag - seine Erkrankung an

 

Lungentuberkulose. Dies bedeutete einen tiefen Einschnitt in

 

sein Leben. Mit Hilfe eines zielbewussten Verhaltens und

 

nach mehreren Kuraufenthalten konnte F. seinen Zustand

 

soweit bessern, dass er hoffte, wieder arbeiten zu können.

 

Jedoch verließ ihn nie mehr die Sorge vor der Bedrohung

 

seiner Arbeitsfähigkeit. So sollte F. auf manche ehrgeizigen

 

Pläne verzichten müssen und er ließ sich als Landarzt in

 

dem damals noch wenig bekannten Schwarzwaldort

 

Badenweiler nieder: Hier erwartete er einen günstigen

 

Einfluss des Klimas auf seine Gesundheit. "Sicher dürfte

 

sein, dass ihm das eigene Krankheitserlebnis für das

 

Einfühlen in die Seele kranker Menschen viel Wertvolles

 

mitgegeben hat" (Heubner).

 

Während der ersten Jahre in Badenweiler errichtete F.,

 

zunächst in einem gemieteten Haus eine Praxis, die sehr gut

 

besucht war. Allmählich erwarb sich F. eine große Autorität

 

in Badenweiler. Nach einigen Jahren ließ er 1894 ein

 

eigenes Gebäude mit Wohnung, Praxis und Gästezimmern

 

ausbauen, das nach seiner Heirat unter dem Namen "Villa

 

Erna"  - nach dem Vorname seiner Frau bekannt wurde.

 

Sein äußerst glückliches Familienleben war sicher eine

 

Quelle seiner Erfolge. 1903 richtete F. nach seinen Plänen

 

noch die "Villa Hedwig" ein, wo er bereits in den 90er Jahren

 

als Hausarzt wirkte. Fast gleichzeitig wurde überdies die

 

"Villa Paul", etwa zwei Kilometer vom damaligen

 

Badenweiler entfernt, für Lungenkranke eingerichtet, die

 

ebenfalls  unter der ärztlichen Leitung F.s stand. Überall her

 

holte F. Assistenten, u. a. den zukünftigen bedeutenden

 

Pharmakologen Wolfgang Heubner (1877-1957).

 

Als Arzt verstand es F., zu jedem einzelnen Patienten eine

 

Einfühlungsebene aufzubauen. Wie ihn einer seiner

 

berühmten Patienten und Freunden Hermann Hesse

 

charakterisierte, behandele er "nicht Krankheiten, sondern

 

Menschen". (Hesse, Haus zum Frieden). Von Hesse stammt

 

die Bezeichnung F.s als "König von Badenweiler". Nicht

 

umsonst verlieh ihm 1920 die Stadt das Ehrenbürgerrecht "in

 

dankbarer Anerkennung seiner langjährigen segensreichen

 

Wirksamkeit und seiner Verdienste um den Kurort" (Drings u.

 

a., S. 72).

 

Während der Saisonmonate war F. von 6 Uhr morgens bis

 

10 Uhr abends mit seinen Kranken befasst. In der Winterzeit,

 

wenn es nur wenige Patienten gab, stillte F. seinen

 

Arbeitsdrang durch wissenschaftliche Forschung. Ab WS

 

1893/94 widmete er sich, nach Vereinbarung mit den Leitern

 

des Pharmakologischen Instituts der Universität Heidelberg,

 

zunächst Waldemar von Schroeder (1850-1898), dann

 

Rudolf Gottlieb (s dort) der Untersuchung der

 

pharmakologischen Wirkung der Digitalis-Glukoside - diese

 

Herzmittel bildeten eines der Hauptobjekte der Straßburger

 

pharmakologischen Schule.

 

Mehrjährige gut durchdachte Forschungen in

 

Tierexperimenten, teilweise aber auch an sich selbst, führten

 

F. zu der genialen Idee, das wasserlösliche Herzmittel

 

Strophanthin bei Herzkranken intravenös zu verabreichen.

 

Mit diesem kühnen Vorschlag, aber auch mit seinen

 

experimentellen Daten erschien F. im WS 1905/06 in

 

Straßburg. Damals, so die Erinnerung des berühmten,

 

bereits emeritierten Nachfolgers Kußmauls, Bernhard

 

Naunyn (1839-1925), "hatte mich seine ungewöhnliche

 

Begabung und die vorbildliche Art sehr für ihn

 

eingenommen". F. konnte den neuen Leiter der

 

Medizinischen Klinik der Universität Professor Ludolf von

 

Krehl (1861-1937) überzeugen,  einen Versuch zu wagen.

 

Der Ordinarius schenkte dem Landarzt sein Vertrauen und

 

gab ihm als Mitarbeiter seinen Assistenten, Oberarzt Georg

 

Schwartz. Für diese wagemutige Entscheidung blieb F. Krehl

 

immer dankbar. Aber auch für ihn selbst war der Versuch am

 

Menschen ein großes Risiko.

 

Während einiger Wochen im Winter 1905 studierten F. und

 

Schwartz die Wirkung der intravenösen Verabreichung des

 

Strophanthins an 25 Patienten mit starker Herzinsuffizienz.

 

Innerhalb weniger Minuten "vollzieht sich die Umschaltung

 

des pathologischen Kreislaufes zur Norm", berichtete F. "Die

 

Raschheit und Stärke der Wirkung [sei] eine Wunderkur" (F.,

 

1906).

 

F. war sich vollständig bewusst, welche Bedeutung diese

 

Ergebnisse hatten. So begann er sofort sich für die

 

Einführung der intravenösen Strophanthintherapie in die

 

Medizin einzusetzen - und das in mehrere Richtungen. Sein

 

erster Schritt war der Kontakt mit der Mannheimer Firma

 

"Boehringer & Söhne". Dass F. sich eben an diese Firma

 

wandte, ist ganz verständlich: In allen seinen vorigen

 

Arbeiten benutzte er ja "Strophanthin-Boehringer". Mitte

 

März 1906 hielt F. vor der Leitung der Firma einen Vortrag -

 

mit dem Ziel, die industrielle Herstellung von Strophanthin in

 

gebrauchsfertigen Ampullen für Injektionen zu veranlassen.

 

F. konnte die Herren in Mannheim überzeugen, dass sich

 

das Risiko lohne. In engem Zusammenwirken wurden die

 

Bedingungen für die effektive Sterilisierung des

 

Ampulleninhalts und mehrerer anderer wichtiger technischer

 

Details erarbeitet. Die fruchtbare Zusammenarbeit F.s mit

 

der "Boehringer" dauerte nahezu drei Jahrzehnte.

 

Gleichzeitig unternahm F. eine intensive Aufklärungsarbeit,

 

um die Leitgedanken der neuen Methode einem möglichst

 

weiten Kreis von Ärzten zu vermitteln. Vom 23.-26. April

 

1906 fand in München der 23. Kongress für Innere Medizin,

 

wo F. zum ersten Mal "Über intravenöse

 

Strophanthintherapie" öffentlich sprach. Bemerkenswert ist,

 

dass der berühmte Heidelberger Internist Wilhelm Erb (s. dort)

nach seiner Rückkehr aus München folgenden Bericht

 

gab: "Alles in allem ist in München nichts neues zu Tage

 

gekommen außer einer therapeutischen Entdeckung

 

des Dr. F. über das Strophanthin, die außerordentliche

 

Aussichten eröffnet" (Silló-Seidl, S. 185).

 

Im September 1906 hielt F. noch einen Vortrag, diesmal in

 

Badenweiler für die Mitglieder der "Ärztlichen Studienreise".

 

Nächste Winter setze F. seine Zusammenarbeit mit

 

Schwartz fort; insgesamt wurden Hundert Injektionen an 46

 

Kranken durchgeführt und eine ausführliche Mitteilung

 

darüber publiziert. Gleichzeitig begannen auch andere Ärzte

 

in Deutschland und im Ausland mit der intravenösen

 

Strophanthintherapie.

 

Die ersten Erfolge bedeuteten keinesfalls, dass die

 

Einführung der neuen Methode einen Siegeszug darstellte.

 

Es dauerte mehr als zwei Jahrzehnte, bis  diese Entwicklung

 

in einen unbestrittenen Erfolg mündete. Die Anfänge waren

 

einerseits durch konkurrenzbedingten unwissenschaftlichen

 

Widerstand, andererseits durch zahlreiche ärztliche Fehler

 

begleitet, die sogar zu Todesfällen führten. Erst als F. 1927

 

die Leitung einer medizinischen Anstalt (Speyerhof)

 

übernahm, richtete er für seine Therapie eine eigene

 

Werkstatt ein, wo viele Ärzte schließlich eine

 

ausgesprochene Schulung erhalten konnten.

 

 

 

Mit dem Ausbruch des Kriegs stellte sich der 50jährige Arzt

 

sofort dem Militär zur Verfügung. In Badenweiler organisierte

 

er die Behandlung von Verwundeten, in Heidelberg

 

engagierte sich F., um Fachlazarette für innerlich Erkrankte

 

einzurichten. In diesen Lazaretten konnten alle zweifelhaften

Fälle durch exakte klinische Beobachtung bearbeitet und

der Grad einer Kriegsverwendungsfähigkeit festgestellt

werden - ein Vorgehen, das bald in der ganzen Militärmedizin

Nachahmung fand. F. wirkte als Chefarzt eines solchen Lazaretts.

Bald wurde er zum Stabsarzt (beratender Internist) des

XIV. Armeekorps. Er bereiste mit einem fahrbaren Röntgengerät

die süddeutschen Heilstätten, um Tuberkulose zu diagnostizieren.

 

 

 

Nach dem Krieg zogen die F.s endgültig nach Heidelberg

 

um. Hier wirkte F. vorrangig organisatorisch. 1919-1927 war

 

F. maßgeblich an der Gründung des "Mittelstandssanatorium

 

Speyerhof" beteiligt (ab August 1932 bekam die Anstalt eine

 

genauere Bezeichnung "Speyerhof GmbH, gemeinnützige

 

öffentliche Krankenanstalt"); er wurde deren ärztlicher

 

Direktor und 2. Geschäftsführer. So gelang es ihm endlich

 

"der Strophanthintherapie ein Heim zu schaffen", so er selbst

 

in einem Brief an "Boehringer". F. führte in Speyerhof auch

 

eine Reihe wissenschaftlicher Fachtagungen durch:

 

"Strophanthintherapie" (1930), "Krankheitsanfänge bei

 

chronischen Leiden" (1931), "Weg zur rationellen Therapie"

 

(1932).

 

1920 wurde F. beratender Arzt am Tuberkulosekrankenhaus

 

Rohrbach (später Thoraxklinik). Dieses Krankenhaus stand

 

1923 vor dem Zusammenbruch, und es ist F. zu verdanken,

 

dass es nicht geschlossen, sondern weitergeführt wurde.

 

1928 fand die Gründung der "Krankenhaus Rohrbach

 

GmbH" statt. Auch hier hatte F. die ärztliche Leitung sowie

 

den Posten des zweiten Geschäftsführers.

 

Auf Betreiben des hervorragenden badischen

 

Hochschulreferenten Victor Schwoerer (s. dort) wurde F.

 

1928 durch die medizinische Fakultät der Universität zum o.

 

Honorarprofessor gewählt.  Schwoerer strebte damit an, das

 

Krankenhaus Rohrbach mit der Universität zu verbinden. Als

 

Honorarprofessor las F. "Ausgewählte Kapitel aus der Klinik

 

der Tuberkulose" und bot ("seminaristisch") Veranstaltungen

 

wie "Klinik der Tuberkulose mit besonderer Berücksichtigung

 

ihrer sozialer Bedeutung und ihrer Behandlung", später

 

zusätzlich Übungen "Krankheit, Familie und Volksgemeinschaft"

und "Sozial hygienische Übungen ausdem Gebiet der

Sozialversicherung" - diese interdisziplinären Veranstaltungen,

zusammen mit demHygieniker Dr. Max Gundel und mit der

Sozialpolitikerin Marie Baum, waren damals etwas ganz Neues.

 

 

 

Diese vielseitige erfolgreiche Tätigkeit F.s kam zum abrupten

 

jähen Ende mit der "Machtergreifung" durch den

 

Nationalsozialisten.

 

Die letzten fünfeinhalb Jahre des Lebens F.s waren düster.

 

Die aufgezwungene Muße benutzte er  zunächst, um sein

 

Lebenswerk zusammenzufassen. Ende 1933 erschien, unter

 

Mitarbeit von seinen Assistenten Rudolf Thauer (1906-1986)

 

die klassische Monographie über Strophanthintherapie, wo

 

er auch seine Grundgedanke darstellte, dass nicht nur in

 

pharmakologischen Forschungen, sondern auch in der

 

Therapie in Kliniken quantitative und messende Methoden

 

notwendig sind. Weitere Publikationen - ebenfalls zu diesem

 

Thema - waren nun nur noch im Ausland möglich. F. hielt

 

Vorträge über intravenöse Strophanthintherapie in

 

Cambridge, vor der Britischen Pharmakologischen

 

Gesellschaft im Juli 1935, in Basel, vor der Basler

 

Medizinischen Gesellschaft, im November 1935 und zuletzt

 

in Mailand, vor der Medizinischen Gesellschaft der

 

Lombardei, im Mai 1938. Er hatte noch Glück, im Juli 1938

 

nochmals an der Pharmakologentagung in Oxford

 

teilnehmen zu können. Diese ausländischen Reisen, die die

 

Firma Boeringer bezahlte, weil F. kein eigenes Einkommen

 

mehr hatte, bedeuteten für ihn nicht nur das starke

 

internationale Engagement für sein Lebenswerk,

 

sondern, was vielleicht das Wichtigste war, sie ermöglichten

 

ihm ein Schlückchen Freiheit und frischer Luft zu genießen.

 

Eine Emigration kam jedoch nicht in Frage: Der Familie

 

fehlten die nötigen Finanzen. Außerdem wurde ihm im

 

Oktober 1938 der Reisepass genommen. Kurz zuvor, im

 

September, waren alle Approbationen jüdischer Ärzte

 

erloschen. Im November folgte die "Kristallnacht". F.s

 

Krankheiten verschärften sich rasch. Offensichtlich konnte er

 

alles nicht mehr ertragen.

 

F. starb am 22. Dezember. 1938. "?Die Erlösung in jedem Sinn",

 

kommentierte sein Gesinnungsfreund der Theologe Martin

 

Dibelius (1883-1947). Den Trauergottesdienst hielt F.s

 

Freund, der evangelische Prälat Hermann Maas (1877-

 

1970). Selbst nach F.s Tod, der ihn sicher vor noch

 

Schlimmerem bewahrte, fand unter dem Druck der

 

Nationalsozialisten ein beschämendes Nachspiel statt:

 

Obwohl die F.s schon 1932 einen Grab am Bergfriedhof

 

erworben hatten, wurde seine Bestattung in Heidelberg

 

verhindert. Erst 1947 konnte sie nachgeholt werden.

 

 

 

Die insgesamt mehr als 60 Veröffentlichungen F.s sind

 

hauptsächlich zwei Gebieten gewidmet:  einerseits

 

Herzmittel und Heilbehandlung, insbesondere die

 

Strophanthintherapie, andererseits die Bekämpfung der

 

Tuberkulose. Außerdem schließen sie die F.s Mitarbeit zur

 

Einführung des Kodeins in die Medizin ein, sowie die

 

Arbeiten über das Kurortwesen im Allgemeinen. Sein

 

Leitgedanke war nicht nur, die wissenschaftlich rigorose

 

experimentelle Pharmakologie zu verfolgen, sondern diese

 

auch bis zur praktischen Anwendung auszubauen, so dass

 

F. als Mitbegründer der klinischen Pharmakologie gilt.

 

Trotzdem spiegeln alle seine Publikationen nur einen Teil

 

seiner facettenreichen Tätigkeit wider. Er vereinigte in sich

 

Eigenschaften eines talentvollen Forschers und eines

 

gottbegnadeten Arztes, der durch seine großen Patienten

 

wie H. Hesse, K. Jaspers und Albert Schweizer verewigt ist,

aber auch eines hervorragendenOrganisators, der auch

als Klinikgründer in der Geschichte der Medizin verbleibt.

 

  

 

Q StadtA Mannheim: Nachlass F., Zug. 31/1995, Nr. 1-141;

 

Kleine Erwerbungen, Nr. 1032; Biographische Sammlung

 

S1, Nr. 195; UA Heidelberg: PA 912 (Personalakte F.); Rep.

 

27, Nr. 334 (Akademische Quästur F.).

 

 

 

   W Algerische Reiseerinnerungen, in: Münchener med.

 

   Wochenschr. 42, 1895, 778-780; Tonographische

 

   Untersuchungen über Digitaliswirkung, in: Archiv für

 

   experimentelle Pathologie u. Pharmakologie 40, 1898, 40-52;

 

   Über die Therapie der Lungentuberkulose, in: Münchener

 

    med. Wochenschr.  46, 1899, 789-792, 827-831;

 

   Vergleichende Untersuchungen über die kumulative Wirkung

 

   der Digitaliskörper, in: Archiv für experimentelle Pathologie u.

 

Pharmakologie 51, 1904, 84-102; Über die Furcht vor

 

Tuberkulose, in: Deutsche Revue 29, 1904, T. 3, 90-96, 209-

 

216; Zur Digitalistherapie. Über intravenöse

 

Strophanthintherapie, in: Verhh. des Kongresses für Innere

 

Medizin 23, 1906, 257-283; (mit Georg Schwartz) Über

 

intravenöse Strophanthininjektionen bei Herzkranken, in:

 

Archiv für experimentelle Pathologie u. Pharmakologie 57,

 

1907, 79-122; Chronische Herzinsuffizienz u. intravenöse

 

Strophanthintherapie, in: Münchener med. Wochenschr. 59,

 

1912, 289-292, 371-374; Über hustenstillende Mittel und

 

über ein neues Kodeinpräparat, in: Münchener med.

 

Wochenschr. 60,1913, 522-525; Über Lungentuberkulose

 

vom militärärztlichen Standpunkt aus, in: ebd., 63, 1916,

 

1109-1111; (mit H. Doll) Die intravenöse Strophanthintherapie u.

 

ihre Bedeutung für eine prognostische Beurteilung d. chronischen

 

Herzinsuffizienz, in: Deutsches Archiv für klinische Medizin 143,

 

1924, 65-86; Zur pathogenetischen Deutung des Röntgenbildes d.

 

Lunge bei Tuberkulose, in:  Klinische Wochenschr. 6, 1927, 810f.;

 

Das Tuberkulosekrankenhaus u. das Mittelstandssanatorium

 

Speyerhof in Heidelberg, in: Sozialhygienische Mitteilungen

 

12, 1928, 76-79; Die Entwicklung d. Digitalistherapie, in:

 

Therapie d. Gegenwart, 71, 1930, 385-388; (Hg.) Die

 

Krankheitsanfänge bei chronischen Leiden, 1932; (Hg.) Der

 

Weg zur rationellen Therapie, 1933; (mit R. Thauer)

 

Strophanthintherapie. Zugleich ein Beispiel quantitativer

 

Digitalisanwendung nach pharmakologischen Grundlagen,

 

1933; Pharmacological aspect of digitalis therapy, in: The

 

Lancet 229, 1935, 1101-1106; Von der empirischen zur

 

experimentellen Digitalistherapie, in: Schweizerische med.

 

Wochenschr. 66, 1936, 434-440.

 

 

 

L Bernhard  Naunyn, Erinnerungen, Gedanken u.

 

Meinungen, 1925, 564f.; Wolfgang Heubner,

 

 A. F., in: H. Maas, G. Radbruch, L. Schneider (Hg.), Den Unvergessenen. Opfer des Wahns 1933 bis1945, 1952, 48-60; Rud. Thauer, A. F. Zum 50. Jahrestag d. Einführung d. intravenösen Strophanthintherapie, in: Die Medizinische, 1956, Nr. 14, 485-487; M. Hedinger A. F. u. seine intravenöse Strophanthintherapie, in: Münchener med. Wochenschr. 99, 1957, 306-309; Georg Weiss (Hg.), A. F. Arzt u. Forscher, 1963, 21964; R. Thauer, A. F. zum 100. Geburtstag, in: Forum cardiologicum 8, 1964, 8-12 (B); H. Hatzig, A. F., d. ?Vater d. Strophanthintherapie?, in: Tribüne, 3, 1964, 983-989; Chronik d. Ärzte Mannheims, 1978, 175, 204 (B), 463; G. Weiss, Warum wurde d. Badearzt A. F. Herztherapeut? In: Zs. für Allgemeinmedizin 54, 1978, 826-833; G. Silló-Seidl, Ärzte ohne Nobelpreis, 1979, 176-191 (B); W. Gosmann, Ein heilseherischer Diagnostiker, Erinnerungen an A. F., in: Deutsches Ärzteblatt (B), 80, 1983, H. 45, 74-77; Chronik d. Ärzte Heidelbergs, 1985, 221-224; D. Drüll, Heidelberger Gelehrtenlexikon, 1986, 71; Hans Moser, Landauer Plaudereien. Mitbürger, die wir nicht vergessen sollten, 2. Teil, 1987, 111-117; F. Willig, Zur Erinnerung an A. F., den Wegbereiter u. Mitbegründer d. Klinischen Pharmakologie, in: Arzt u. Krankenhaus 61, 1988, 405-408; H. Schipperges, Ärzte in Heidelberg, 1995, 217-219; Jorg Schadt, D. ?König von Badenweiler?. A. F., in: Momente. Beiträge zur Landeskunde von Baden-Württemberg, 4/2002, 18-24 (Bilder); P. Drings, J. Thierfelder, B. Weidmann, F. Willig (Hg.) A. F.. Ein Arztleben in Licht u. Schatten, 1864-1938, 2004 (mit Werkverzeichnis u. zahlreichen Bildern).

 

 

 

vgl. L