Walter, Heinrich Karl, Botaniker, Ökologe
Geb. 21.10.1898, Odessa (jetzt Ukraine), ev., + 15.10.1989, Stuttgart.
V Otto W. (1862-1917), Dr. med., Augenarzt, Leiter des Augenhospitals in Odessa, und Militärarzt; M Clara, geb. Stromberg (1866-1950); G 2: Gertrud (1892-1979), Maximilian (1894-1917);
∞ 23. Dezember 1924 in Heidelberg Erna Charlotte Clementine Hedwig Schenck (1893-1992), Dr. rer. nat.; K keine
1907 - 1915 Besuch u. Abschluss d. St. Pauli Realschule d. deutschen Gemeinde in Odessa
1915 IX - 1916 XII Studium d. Naturwissenschaften an d. Univ. Odessa
1917 II - VII Junker-Artillerieschule in Odessa
1917 VIII - XI Armeedienst (Kaukasus)
1917 XI - 1918 IX Überleben in Odessa
1918 IX-XII Studium d. Botanik u. Zoologie an d. Univ. Dorpat
1919 I - IV Überleben in Estland
1919 V Übersiedlung nach Deutschland
1919 V - XII Studium an d. Univ. Jena
1919 XII 13 Promotion ebd.; Diss.: "Perldrüsen bei Ampelideen"
1920 III Assistent an d. Landwirtschaftlichen Versuchsstation Halle; Beschäftigung mit d. Bodenanalyse
1920 IV - 1932 III Assistent am Botanischen Institut d. Univ. Heidelberg (während eines Jahrs 1921-1922 in Marburg)
1922 XI - 1923 I Habilitation ebd.; H.-Schrift: "Protoplasma- u. Membranquellung bei Plasmolyse"; Probevortrag 29.11. 1922: "Das Wesen der Reizleitung im Pflanzenreich"; Antrittsvorlesung 31.01.1923: "Die Vegetation Rußlands in ihrer klimatischen Gliederung"
1929 II a.o. Professor ebd.
1929 - 1930 Aufenthalt in den USA (Arizona u. Nebraska) als Rockefeller-Stipendiat
1932 IV - 1941 III Direktor des Botanischen Instituts u. des Botanischen Gartens an d. TH Stuttgart
1934 VIII - 1935 IV u. Forschungsreisen nach Ostafrika, Südafrika u. Südwestafrika
1937 VII - 1938 III
1941 VI - X Schütze d. Dolmetscherkompanie, Berlin
1942 IV Professor für Allgemeine Botanik an d. Reichsuniversität Posen; gleichzeitig Kriegsverwaltungsoberrat für Betreuung d. landwirtschaftlichen wissenschaftlichen Einrichtungen im besetzten russischen Gebiet
1943 Sommer Arbeit an einer Sonderstaffel in Ukraine; Überführung des Botanischen Instituts aus Kiew nach Posen
1945 V - X Gefangenschaft in den Lagern Mundelsheim, St. Avold (Lothringen) u. Heilbronn
1945 XII -1966 IX o. Prof. für Botanik u. Direktor des Botanischen Instituts an d. Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim (seit 1967 ? Universität Hohenheim)
1947 V - 1966 IX Honorarprofessor an d. TH Stuttgart
1952 X - 1953 V Dritte Forschungsreise nach Südwestafrika
1954 XI - 1953 VII Gastprofessur in Ankara; Forschungsreisen in Türkei, Mesopotamien, Palästina u. Libanon
1958 VII - 1959 IV Forschungsreise nach Australien u. Neuseeland
1965 IX - 1966 III Forschungsreise nach Südamerika (Brasilien, Argentinien, Chile)
1966 IX 30 Emeritierung
1967 XII ? 1968 IV Forschungsreise nach Venezuela
1969 V - IX Gastprofessor in Utah (USA)
Ehrungen: Internationale Rainer-Medaille (1932), Dr. rer. techn. nat. h.c. Wien (1972); Mitgliedschaften: Akad. d. Naturforscher Leopoldina, Halle (1962), Akad. d. Wiss., Buenos Aires (1965), World Akademy of Art and Science, USA (1967), Akad. d. Wiss., Wien (1969), Deutsche Botanische Gesellschaft (Ehrenmitglied, 1982), Ecological Society of America (Ehrenmitglied, 1985)
Als W. mit 82 Jahren über sein "turbulentes, aber erfülltes Leben" voller unerwarteter Ereignisse schrieb, bekannte er, dass es "nicht von ihm geplant wurde" (W., 1980, Vorwort): Es waren Kräfte, die außerhalb seiner selbst liegend sein Leben und seine Entwicklung entscheidend gestaltet haben - jedenfalls zu einem wesentlichen Teil. Dies ist ja typisch für Zeiten von Revolutionen, Kriegen und politischen Veränderungen. Er selbst fühlte sich dabei - er war ein tief gläubiger Mensch - als Werkzeug Gottes und hielt die Tiefpunkte seines Lebens, wenn der Tod drohte, "in denen ich mir meiner Nichtigkeit bewusst wurde, die zu einer persönlichen Begegnung mit Gott führten" für echte Sternstunden (ebd., 323).
W.s Eltern waren Deutsche aus den Baltischen Provinzen des Russischen Reichs und als solche russische Staatsangehörige. Sein Vater studierte in Dorpat und Königsberg; nach seiner Heirat ließ er sich in Odessa nieder. Dort wurden die Kinder geboren, die zweisprachig aufwuchsen.
Die Ferienreisen ins Baltikum und nach Deutschland wie auch die einmaligen Landschaften um Odessa erweckten im jungen W. großes Interesse auf die Natur, insbesondere auf die Pflanzenwelt. Bereits als Knabe bekam er ein Mikroskop und untersuchte Algen, Infusorien und Gewebe höherer Pflanzen.
Sein Reifezeugnis erhielt W. im Frühjahr 1915 und konnte sich noch in die Universität Odessa immatrikulieren lassen. Um jedoch die Einberufung ins Heer als Soldat zu vermeiden, ging W. nach drei Semestern in eine sechsmonatige Artillerieschule. Diese beendete er als Bester, und so durfte er seinen Dienstort selbst auswählen. Er nannte Trapezunt am Schwarzen Meer. Die Armee aber löste sich nach kurzer Zeit auf und W. kehrte nach Odessa zurück, um den Vater vor seinem Tod noch zu sehen.
Dank glücklicher Zufälle konnte sich W. von weiterem Militärdienst befreien und sich an der Universität wieder immatrikulieren lassen. Dabei wurden ihm bestimmungsgemäß drei Semester für die Armeezeit angerechnet, so dass er eine Bescheinigung erhielt, 6 Semester studiert zu haben. Sein Studentenausweis rettete ihn auch vor dem roten Terror. Nach einigen Monaten des Überlebens in Odessa übersiedelte W., als die Ukraine durch deutsche Truppen besetzt wurde, nach Dorpat, wo er an der gerade neu geöffneten Universität sein Studium fortsetzte. Dieses währte aber nur drei Monate. Überlebend unter sich abwechselnden Mächten im Winter und Frühjahr, konnte W. letztendlich nach Deutschland übersiedeln.
Nach einer Empfehlung aus Dorpat kam er nach Jena zu dem Zoologieprofessor Ernst Stahl (1848-1919), um bei ihm zu promovieren. In wenigen Monaten erledigte W. seine Doktorarbeit über eine Krankheit bei wilden und echten Weinen. So hatte W. das Glück, nach wirklich kurzem Studium - tatsächlich nach kaum mehr als vier Semestern - promoviert zu werden: Seine neun Semester standen ja nur auf dem Papier. Er war sich aber im Klaren darüber, dass seine Ausbildung noch sehr lückenhaft sein musste, und war bemüht, diese Lücken aufzufüllen.
Die Möglichkeit dazu eröffnete sich alsbald, als W. im Frühjahr 1920 eine Assistentenstelle in Heidelberg bei dem bedeutenden Botaniker Ludwig Jost (1865-1947) erhielt. Jost war insbesondere durch seine Forschungen sowie klassisch gewordene Lehrbücher über die Pflanzenphysiologie bekannt. Unter ihm führte W. seine ersten eigenen Arbeiten über die Einwirkungen von wechselder Feuchtigkeit auf die Reizphysiologie der Pflanzen. Während einiger Jahre baute W. seine zellphysiologischen Untersuchungen aus. Er entdeckte insbesondere, dass das Plasma durch Quellung und Entquellung beträchtliche Volumenänderungen ausführt und konnte die Quellungskurven des Protoplasmas festlegen. Mit diesen Ergebnissen habilitierte sich W. Anfang 1923. Jost, der W.s Habilitation unterstützte, schrieb in seinem Gutachten vom 13. November 1922: "Die Arbeit ist ein glänzendes Zeugnis für den scharfen tiefdringenden Verstand und für die zähe Energie des Verfassers", er hielt sie "sowohl in methodischer Hinsicht, wie nach ihren Ergebnissen für ausgezeichnet" (UA Heidelberg, H-V-4/21).
Im April desselben Jahres erwarb W. die badische Staatsangehörigkeit und somit die Reichsangehörigkeit durch Einbürgerung.
Als Privatdozent las W. die Vorlesung "Einführung in die Pflanzengeographie Deutschlands", die allmählich viele Zuhörer anzog. Nach seinen Vorlesungen verfasste W. sein erstes großes Buch (1927), das er Jost "in Dankbarkeit und Verehrung" widmete. Später schrieb er über Josts "vielseitige und großzügige Persönlichkeit": "Er war für uns Jüngere stets der väterliche Freund" (W., 1940, 714).
Das fundamentale Buch über "die allgemeine Pflanzengeographie Deutschlands" bildete Basis und Schema für viele weitere Arbeiten W.s. Ihr Hauptbereich war die ökologische Geobotanik von der Physiologie, insbesondere vom Wasserhaushalt ausgehend. Bald wurde das Buch zum Standardwerk und gewann große Beachtung. Eine der Folgen war ein Rockefeller-Stipendium für einen einjährigen Aufenthalt in den USA, wo W. und seine Frau über Wüsten- und Prärie-Vegetation arbeiteten und besonders den Wasserhaushalt unter ariden Bedingungen studierten. Die Ergebnisse erschienen als das seiner Frau gewidmete Buch "Die Hydratur der Pflanzen und ihre physiologisch-ökologische Bedeutung". Die "Hydratur" ist der durch W. eingeführte Begriff (in Analogie zur "Temperatur"), um den Wasserhaushalt der Pflanzen, genauer, die osmotische Aktivität des Wassers in Pflanzenzellen, zu charakterisieren.
Zum SS 1932 wurde W. nach Stuttgart berufen, um die Leitung des Botanischen Instituts und Gartens der TH (heute Universität) zu übernehmen. Trotz der engen Verhältnisse konnte W. binnen zwei Jahren die Lehrtätigkeit ordentlich organisieren. Bereits in Heidelberg hatte W. einen Unterricht mit ganztägigen Exkursionen begonnen - damals eine absolute Neuerung. Auch in Stuttgart, sowie in seiner späteren Lehrtätigkeit legte er besonderen Wert beim Unterrichten auf die Exkursionen. Dazu erwarb er ein großes Auto für 8 Personen mit Gepäck.
1934 erhielt W. das Tropenstipendium des Auswärtigen Amts, um in dem ehemaligen Deutsch-Ostafrika Untersuchungen im Urwald durchzuführen. Auf der Rückreise konnte das Ehepaar W. auch Südwestafrika erstmalig erfahren. Bereits zwei Jahre später, nach einer Einladung der südafrikanischen Regierung unternahmen sie eine neue Forschungsreise nach Süd- und Südwestafrika, die vor allem der Untersuchung der ökologischen Grundlagen der Farmwirtschaft diente.
Die harte Schule des Überlebens hatte W. offensichtlich zu einem Pragmatiker geformt, der sich überall anzupassen versteht - jedoch, ohne sich zu verleugnen. Er war immer aufgeschlossen gegenüber Menschen anderer Nationalitäten. Gleichzeitig war er aber auch sehr deutsch-national gesinnt. So begrüßte er ganz aufrichtig den Anschluss des Österreichs. Ebenso offensichtlich aufrichtig war, als er im Herbst 1940 folgende Worte über Hitler schrieb: "Diesen Führer hat das deutsche Volk gefunden in einer Größe, wie es niemand zu hoffen wagte!" - und das im Jubiläumartikel über Jost! (W., 1940, 714). Mit Kriegsausbruch trat W die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 7230431). Zuvor konnte er seine Ernennung zum Ordinarius "trotz des ursprünglichen Beförderungsverbots von Seiten der Partei" durchsetzen. "Also konnte man doch bei der Partei etwas erreichen, wenn man sich nicht alles gefallen ließ", kommentierte er später (W., Bekenntnisse, 114).
1941, mit dem Angriff Deutschlands auf die UdSSR wurde W. als Dolmetscher ins Heer einberufen. In der Eigenschaft eines "Schützen W." blieb er aber glücklicherweise nur drei Monate im Einsatz: Fast gleichzeitig erhielt er einen Ruf des Reichsministeriums für Erziehung und Wissenschaft auf den Lehrstuhl für Allgemeine Botanik an der neuen Reichsuniversität in Posen (heute Poznan) und die Vorgabe, als Militärbeamte die Betreuung der Landwirtschaftlichen Wissenschaftlichen Einrichtungen im besetzten russischen Gebiet zu übernehmen. Diese Vorgabe erlaubte W., aus dem Heeresdienst auszuscheiden und den Ruf nach Posen anzunehmen. Seinen Dienst dort, ab dem SS 1942, konnte er jedoch nicht antreten und musste sein Institut einer Vertretung überlassen: Er selbst, im Rang eines Oberstleutnants, wurde der Forschungszentrale für Land- und Forstwirtschaft in der Westukraine zugeteilt, später, ab Frühjahr 1943, der "Sonderstaffel zur Erkundung der Ostgebiete". Die Orte seiner Tätigkeit waren Kiew, die Krim (der berühmte Botanische Nikita-Garten) und später Stawropol (damals Woroschilowsk) im Nordkaukasus. Seine Versuche, Forschungsarbeiten zu organisieren, waren selbstverständlich von vorübergehendem Erfolg: Im weiteren Verlauf des Kriegs wurde Alles beendet. Anfang 1945 wurde die Sonderstaffel nach Süddeutschland verlegt.
Ende April 1945 hielt es W. für die beste Lösung für ihn und sein Team, sich den Amerikanern zu übergeben. Das Halbjahr in der Gefangenschaft war schwierig. Es ist für W.s zähen Lebenswillen charakteristisch, dass er im Lager St. Avold, im Kontakt mit amerikanischen Behörden, eine "Universität" für Kriegsgefangene organisierte und als deren "Rektor" wirkte. Er selbst hielt dort Vorlesungen über Botanik, die er bald als ein erfolgreiches Lehrbuch bearbeiten und herausgeben konnte (1946). Später verfasste W. eine Reihe weiterer Lehrbücher, die er mehrbändig unter dem Titel "Einführung in die Phytologie" zusammenfasste.
Zum Dezember 1945 erreichte ihn der Vorschlag, den Lehrstuhl für Botanik an der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim zu übernehmen, was für ihn eine echte Rettung war. Die sofort begonnene Arbeit wurde jedoch ab Januar 1947 unterbrochen: Als ehemaliges Parteimitglied sollte W. eine Entnazifizierungsprozedur durchstehen. Ende März 1947 wurde er durch die Spruchkammer als "Mitläufer" eingestuft und als Ordinarius und Direktor des Botanischen Instituts bestätigt. Auch die TH Stuttgart ernannte damals (Mai 1947) W. zum Honorarprofessor; er hielt auch hier Lehrveranstaltungen zur Geobotanik.
Seine Vorlesungen und Lehrbücher zeigten, so sein Nachfolger Prof. B. Rademacher, "W.s besondere Begabung, aus der Fülle von Kenntnissen und eigenen Erfahrungen schöpfend, auch schwierigen Stoff klar und anschaulich darzustellen" (s. L, Rademacher, 11). Sein Hohenheimer Institut wurde international anerkannt, dort arbeiteten fast ständig Gäste aus verschiedensten Teilen der Erde.
Einer Bitte der Wissenschaftlichen Gesellschaft in Windhoek, Südwestafrika, folgend, machte W. seine dritte Forschungsreise dahin, um eine Neuausgabe des Buchs "Farmwirtschaft von Südwestafrika" vorzubereiten. Dieses Buch bezeichnete man in Südwestafrika als "Bibel der Farmer", so nützlich zeigte es sich dort. Die Reise brachte auch ein theoretisch bedeutendes Resultat, nämlich eine Verallgemeinerung der gesammelten Forschungsergebnisse, die W. als "Das Gesetz der relativen Standortskonstanz" bezeichnet hatte: "Wenn im Wohnbezirk oder Areal einer Pflanzenart das Klima sich in einer bestimmten Richtung ändert, so tritt ein Wuchsort- oder Biotopwechsel ein, durch den die Klimaänderung aufgehoben wird" (W., 1953, 230).
Eine Gastprofessur an der Universität Ankara (1954/55), die mit Forschungsreisen durch Vorderasien verbunden wurde, gab W. Anlass, seine weltbekannt gewordenen "Klimagramme" auszuarbeiten. Obwohl graphische Darstellungen des Jahresablauf der Temperatur und der Niederschläge bereits bekannt waren, fand W. eine neue Form für sie, nämlich, dass er bei der Eintragung der Monatsmittel den Maßstab so wählte, dass 10o C einem Niederschlag von 20mm entsprechen. Dies erlaubt anschaulich, den Klimatypus darzustellen "ebenso wie uns das Bild eines Menschen eine bessere Vorstellung von dessen Erscheinung vermittelt, als eine noch so eingehende Beschreibung oder noch so zahlreiche Indexzahlen", erklärte W. (W, 1957, 751). Daher entstand der berühmte W.s "Klimadiagramm-Weltatlas".
Zum WS 1966/67 ließ sich W. ein halbes Jahr vorzeitig emeritieren, um sich der großen literarischen Arbeit zu widmen, nämlich, der "Vegetation der Erde". Überhaupt bildet die literarische Tätigkeit einen bedeutenden Teil des Lebenswerks W.s. Er veröffentlichte insgesamt etwa 30 Bücher und mehr als 160 Artikel. Während eines Vierteljahrhunderts, von 1932 bis 1958, verfasste W. auch inhaltsreiche Jahresberichte über "Ökologische Pflanzengeographie", die in den Jahrbüchern "Fortschritte der Botanik" publiziert wurden.
Den besonderen Platz im literarischen Erbe W.s besitzen die seiner treuen Frau und Mitarbeiterin gewidmeten autobiographischen "Bekenntnisse eines Ökologen" - ein recht spannendes Buch, das auch sein allgemeine Denken zusammenfasst. Einer der wichtigsten Gedanken ist: "Es gibt keine religiösen, moralischen oder ethischen Gründe, die eine unbegrenzte Vermehrung der Menschen bis zu ihrem Untergang rechtfertigen würden. Wir müssen das verhindern" (W., Bekenntnisse, 339).
Für das gesamte wissenschaftliche Werk W.s ist seine Neigung und Fähigkeit zu Verallgemeinerungen charakteristisch, deswegen sind fast alle seine Bücher zu Standardwerken geworden. Eine seiner wichtigsten Erkenntnisse ist: "Nicht die Ansammlung von vielen Einzeltatsachen, sondern ihre synthetische Zusammenfassung bringt die Wissenschaft einen Schritt vorwärts" (W. Bekenntnisse, 327).
Q UA Heidelberg: PA 6229 (Personalakte W.); H-V-4/21 Akten d. Naturwiss.-math. Fak. (Habilitation W.); Rep. 27, Nr. 1397 (Akademische Quästur W.); UA Stuttgart: 57/2259 (Personalakte W.) u. Auskunft vom 27.04.2011; Auskünfte aus: StadtA Heidelberg vom 19.5.2011, UA Hohenheim vom 9.05.2011 u. BundesA Berlin vom 29.07.2011.
W Werkverzeichnis bis 1974 in: Andreas Fadini, Bibliographie d. Wissenschaftler d. Universität Stuttgart, 1976, S. 1111-1124; Auch Bekenntnisse eines Ökologen (s. unten) enthalten: Listen von Bücherveröffentlichungen (S. 347f) u., ab 3. Auflage, von einigen anderen Publikationen (S. 115f, 150, 211, 253f, 284, 304, 322). Auswahl:
Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen, in: Flora oder allgemeine botanische Zeitung 114, 1921, 187-231; Einführung in die allgemeine Pflanzengeographie Deutschlands, 1927; Neue Gesichtspunkte zur Beurteilung d. Wasserökologie d. Pflanzen, in: Berr. d. Deutschen Botanischen Ges. 47, 1929, 243-252; Die Hydratur d. Pflanze u. ihre physiologisch-ökologische Bedeutung (Untersuchungen über den osmotischen Wert), 1931; Neuere Ansichten über die Bedeutung des Wassers im Leben d. Pflanzen, in: D. Biologe 4, 1935, 342-352;
Ludwig Jost zu seinem 75. Geburtstage, in: Die Naturwissenschaften 28, 1940, 713f.; Die Vegetation Osteuropas, 1942, 21943; Die Krim. Klima, Vegetation u. landwirtschaftliche Erschließung, 1943; Die Grundlagen des Pflanzenlebens (Einführung in die allgemeine Botanik), 1946, 21947, 31950, 41962; Die Grundlagen des Pflanzensystems (Einführung in die spezielle Botanik), 1948, 21952, 31961; Die Grundlagen d. Pflanzenverbreitung (Einführung in die Pflanzengeographie). Teil I: Standortslehre (Analytisch-ökologische Geobotanik), 1951, 21960; Teil II: Arealkunde (Historisch-floristische Geobotanik, 1954, 2 (mit H. Straka) 1970; (mit E. Walter) Einige allgemeine Ergebnisse unserer Forschungsreise nach Südwestafrika 1952/53: Das Gesetz d. relativen Standortskonstanz; das Wesen d. Pflanzengemeinschaften, in: Berr. d. Deutschen Botanischen Ges. 66, 1953, 228-236; Die Klimagramme als Mittel zur Beurteilung d. Klimaverhältnisse für ökologische, vegetationskundliche u. landwirtschaftliche Zwecke, in: ebd., 68, 1955, 331-344; Wie kann man den Klimatypus anschaulich darstellen? In: Umschau in Wissenschaft u. Technik 57, 1957, 751-753; Hohenheim u. das Ausland, Rede am 20. November 1961, 1962; Die Vegetation d. Erde in öko-physiologischer Betrachtung, Bd. I: Tropische u. subtropische Zonen, 1962, 21964, 31973; Bd. II: Die gemäßigten u. arktischen Zonen, 1968; Zur Klärung des spezifischen Wasserzustandes im Plasma u. in d. Zellwand bei höheren Pflanze u. seine Bestimmung, I, II, III, in: Berr. d. Deutschen Botanischen Ges. 76, 1963, 40-53, 54-71, 78, 1965, 104-114; (mit K. Kreeb) Die Hydratation u. die Hydratur des Protoplasmas d. Pflanzen u. ihre Öko-physiologische Bedeutung (Bd. II, C, 6 von Protoplasmalogia, Handbuch d. Protoplasmaforschung), 1970; D. Wasserhaushalt d. Pflanzen in kausaler u. kybernetischer Betrachtung, in: Berr. d. Deutschen Botanischen Ges. 85, 1972, 301-313; Die Vegetation Osteuropas, Nord- u. Zentralasiens, 1974; Die ökologischen Systeme d. Kontinente (Biogeosphäre). Prinzipien ihrer Gliederung mit Beispielen, 1976; Bekenntnisse eines Ökologen. Erlebtes in acht Jahrzehnten u. auf Forschungsreisen in allen Erdteilen mit Schlußfolgerungen, 1980,, 21981, 31982, 41985, 51987, 61989.
L B. Rademacher, Prof. Dr. H. W. 65 Jahre alt, in: Beiträge zur Phytologie, (Arbeiten d. Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim Bd. 30, 1964 [Festschrift W.], 9-12 (B); D. Drüll, Heidelberger Gelehrtenlexikon 1803-1932, 1986, 284; W. Böhm, Biographisches Handbuch zur Geschichte des Pflanzenbaus, 1997, 371; U. Kull, H. Knodel, Nachruf: H. W. Ökologe, Botaniker, Hochschullehrer, in: Jahreshefte d. Gesellschaft für Naturkunde in Württemberg 145, 1990, 305-311 (B); K.H. Kreeb, H. W.+, in: Botanica Acta, 104, 1991, A19f. (B); DBE, 2. Ausgabe, Bd. 10, 2008, 393..
B UA Heidelberg: Pos I, Nr. 3167, 3168, 3169; Neg I 0039 (Gruppenphoto); W., Bekenntnisse?- zahlreiche Bilder zwischen S. 4 u. 5 (Vgl. W);